BauenGebäude

Chooruspichär

[Kornspeicher]

Der Kornstadel

Der im Dorf oder in einem besonderer Dorfteil stehende Kornstadel ist ein markantes Element unseres architektonischen Erbes. Üblicherweise von grossem Ausmas besteht der Stadel aus einem Trägerteil und dem eigentlichen Bergeraum. Die Tragkonstruktion soll den Garbenspeicher vor Boden feuchtigkeit und Nagetieren schützen.
Der Garbenspeicherraum ist ein gestrickte Blockbau auf rechteckigem Grundriss, er kann ein oder mehrere Geschosse aufweisen. Die mit einer «Spille»(Keilstange) versteif ten Giebelseiten tragen den einfachen Dachstock, der je nach Gegend mit Schindeln, Stein- oder Schieferplatten gedeckt ist (vgl. Dach). Die unter dem Vordach liegenden Lauben dienten ursprünglich zum Trocknen der Grossbohnen (die ebenfalls gedroschen wurden und wohl auch zum Ausreifenlassen de Korns.
Der Garbenspeicherraum ruht auf Stelzen (Stützen); neben den vier Eckstelzen finde sich, je nach Grösse des Gebäudes, zwei bis zehn weitere Stelzen unter den Wände und als Stütze des Tenns. Um dem ganze Bau genügend Halt zu geben, verankert man die Stelzen in einem eckverkämmten Blockrahmen. In den allereinfachsten Fällen genügt aber die Sicherung durch eine niedrig Grundmauer (Abb. 31 f). Das oft unbedeckte Untergeschoss dient als Lagerraum ; wenn es besser ausgebaut ist, wohl auch als Keller (der manchmal sogar gewölbt ist). Wie dieser Unterbau auch immer genutzt wird, die Stelzen lassen immer die Luft durchstreichen und schützen den Innenraum vor Bodenfeuchtigkeit (Der ausströmenden Feuchtigkeit wegen wird ein Stadelunterbau nie als eigentlicher Stall benützt). Die sogenannten Mäuseplatten (Plaana), runde auf den Stelzen liegende Steinplatten, bilden durch ihr Vorkragen ein für die Nagetiere unüberwindliches Hindernis.
Die Kornstadel des Wallis weichen im Typus wenig voneinander ab. Erwähnen wir dennoch, dass die Stelzen des Saastales meistens gemauert sind und dass viele Stadel des Entremont in einer mit Elementen des Ständerbaus durchsetzten Blockbauweise errichtet wurden.
Grössenunterschiede der Kornstadel beruhen auf grösserem und kleinerem Wohlstand. Sehr grosse gehörten in den meisten Fällen einem zum Zehntenbezug berechtigten Herrn oder ist der Zehntenstadel der Gemeinde.
Der Kornstadel wurde seiner Doppelbestimmung entsprechend gebaut: einesteils für das Speichern der Garben, andernteils für das Dreschen.
Die Garben müssen gut durchlüftet werden; deshalb sind die Zwischenwände des Speicherraums locker gebaut (Bal­ken oder Bretter, sogar Stäbe in grösseren Abständen). Durch diese Unterteilung vermeidet man das Ersticken zu grosser Haufen und erleichtert gleichzeitig die Benützung des Stadels durch mehrere Besitzer. Im oberen Wallis wurde recht häufig ein in Blockbau gezimmertes Abteil des Stadels als Kornspeicher eingerichtet. Je nach Stadelgrösse brachte man eine oder mehrere, durch einfachste Holzverschlüsse gesicherte Türen zum bequemen Einbringen der Garben an.
Gleich nach der Kornernte wurden die Saatkörner durch sorgsames Ausschütteln gut ausgereifter Ähren gewonnen; ebenso ging man vor, wenn man Flechtstroh für Hüte oder Bindstroh für die Reben möglichst ungebrochen bewahren wollte. Die für die Mühle bestimmten Körner wurden vom November an, nach den letzten Arbeiten des Bauern im Freien, mit dem Flegel aus den Ähren gedroschen. Der Stadel besitzt ein meistens durch die ganze Mitte des Baus reichendes Kastentenn zwischen den Vorratsabteilen. Es besteht aus einem äusserst sorgfältigt aus enggefügten Bohlen gefertigtem Tennboden (Te). Der Tennboden ist nach aussen zu einer balkonartigen Plattform (Dilti) vorgezogen, auf der sich die Drescher, wenn es die Umstände erfordern, aufhalten (Abb. 31 b). Das Korn wurde im Freien geworfelt (vgl. wannu), damit Spreu und Spelzen vom Wind weggetragen wurden. Das gedroschene Korn wurde in Säcke abgefüllt.

Quellen:
  • Zeugen der Vergangenheit im Wallis von heute. (Maiarbeiter der französischen Originalfassung Dr. Roae-Claire Schüle und Dr. Walter Ruppen übertrugen den Text ins Deutsche). Staat Wallis (DEKS), Sitten, 1975, S. 56 f.
  • Volmar Schmid

Stadol,m Stadel, Kornstadel, Garbenspeicherraum;Gebäude auf Stelzen mit runden Schieferplatten, die ein Eindringen von Mäusen verhindern. Das Idiotikon erklärt den Begriff als «landw. Gebäude» «Scheune», so (sic!) Heu aufbewahrt und Vieh untergebracht wurde» oder in der Alpwirtschaft als «Heu- auch Streuscheune». Im Oberwallis hat das Gebäude, das wir als Stadel bezeichnen, immer nur die Funktion als Garbenspeicherraum und Dreschplatz. Der Stadel bestand aus einem eingeschossigen und einräumigen, gestelzten Kantholzblock und war im Gegensatz zum Speicher weniger sorgfältig verarbeitet, damit die Luft in ihm zirkulieren und so das Getreide besser trocknen konnte. Stand er allein, und das war in der Regel ausserhalb der geschlossenen Siedlungen, wies er meistens eine Vielzahl von Besitzern auf. An keinem anderen Gebäude kann man die Ökonomie des Bauens besser beurteilen als am Stadel: der Walliser hatte seinen Besitz weit verstreut, es wäre zu mühsam gewesen, die Ernte (Getreide, Heu) an einen Ort zusammenzutragen; darum erstellte er zusammen mit seinen Nachbarn jeweils vor Ort die entsprechenden Ökonomiegebäude. Statt das Heu zum Vieh zu tragen, liess er das Vieh zum Heu laufen,und statt die schweren Garben trug er das ausgedroschene Korn ins Dorf. Die Folge war aber, dass ein wohlhabender Bauer von bis zu zehn Stadeln Miteigentümer sein konnte. Das Innere des Stadels bestand aus einem Raum, der in der Mitte vom sorgfältig gefugten Tenn, Te, dem Dreschplatz, in zwei Teile getrennt wurde. Diese wiederum wurden meist vertikal durch sogenannte Stutzwände in grössere oder kleinere Anteile, Schroote, unterteilt. Im Goms konnten diese Abteile durch horizontale Lagerböden, Brigi, noch zusätzlich aufgeteilt werden. In Dorfnähe bildeten Stadel und Speicher oft eine Einheit (vgl. Speicher).

[Id. 10/1334, a) und 10/1337, b); SDS, VII, 236ff.; Anderegg, 116; Zeugen, 56; Sandoz, 11 ff.]
Volmar Schmid

Die wichtigsten Bauteile

Stadelbein und Mäuseplatte

 

Stadolplaana, f Mäuseplatte; vgl.Miischplatta
Stadolbei, n Stadelbein, Stütze und Platte, Bein, Stock; vgl. Stadoltschaaggo, -pfiiler, -tschebil, Schibbei, auch Plaana, Stadolplaana senkrechte Stelze aus Holz (selten gemauert), auf welche die Mäuseplatte aufgelegt waren, die dann das ganze Geviert des Gebäudes trugen. Diese Stelzen bildeten einen Hohlraum zwischen dem Unterbau und dem eigentlichen Stadel oder Speicher; dadurch wurde die Luftzufuhr verbessert und für viel Ungeziefer, vor allem Mäuse, entstand ein unüberwindbarer Zwischenraum.
[SDS, VII, 238]
Volmar Schmid, Kleines Walliser Wörterbuch
Miischplatta, f Mäuseplatte; vgl. Plaane, Müüsuplatta; runde, auf Stelzen liegende Steinplatte, die durch ihren Vorkragen für Mäuse ein unüberwindliches Hindernis bildete. Diese Mäuseplatten zusammen mit den Stelzen gaben dem Walliserstadel erst so richtig  typisches Aussehen. Sie haben unterschiedliche Namen: Plattu, Pfiilerplattu, Steiplattu,Schiibu, Schiibplatta, Schiibbeiplattu, Plaanu,Stadelplaana.

[Id. 5/106; SDS, VII/238, Gr. 138]
Volmar Schmid, Kleines Walliser Wörterbuch  

Tenn

Chaschtute(n), n Tenne, Kastentenne, Dreschplatz; vgl. Ten. Beim Dreschen durften keine Getreidekörner verloren gehen; deshalb wurde dieser Teil am sorgfältigsten gebaut.Mit gefederten Bohlen, L-förmigen Eckbrettern, Fresch, Sing. Frosch und den Kastenbrettern wurde ein dichtgefugter Kasten konstruiert.
[SDS, VII/238 – 240;W. 3547]
Volmar Schmid, Kleines Walliser Wörterbuch
Te(n), n Tenn (das «n» wurde stark nasaliert); korridorartiger Platz im Stadel, 1 bis 2 m breit, in der Regel mitten durch das Gebäude laufend, zwischen den zu beiden Seiten angeordneten Garbenbehältern. Es diente als Korridor zwischen den verschiedenen Abteilen, aber vor allem als Dreschplatz. Darum wurde es besonders sorgfältig und  möglichst fugenlos gebaut (vgl. Frosch und Fädra); siehe auch Chaschtute(n).

[Id. 12/111,2; SDS, VII/238;W. 3547]
Volmar Schmid, Kleines Walliser Wörterbuch 
 

Abteil

Schroota, f Abteil, 1. Unterteilung der Scheune; Behältnis für das Heu; durch die Kammerlatte und Wände, Unnerschlacht, im Ständerbau abgetrennt; bekam seinen Namen vom Schneiden des Heus, schrootu, mit dem Heuschneider, Meissil; 2. Behältnis für die Getreidegarben; durch die Kammerlatte und Wände im Ständerbau abgetrennte, nach dem Tenn hin offene Lagerräume.

[Id. 9/1687; SDS, VII/238; Rübel, 55; Gr. 180]
Volmar Schmid, Kleines Walliser Wörterbuch 

Dörrlaube

Derri, f Dörrplatz, -laube; vgl. Löüba; laubenartiger An- bzw. Vorbau auf dem Chriiter (Sammelname, Sing. Chrüt), «Kräuter», Groossboone, f. Pl. Groossboona, «Grossbohnen», aber auch Derrfricht (Pl.), Derrfrucht, «Dörrfrüchte», geschützt vor Regen, konnten an der Luft getrocknet werden.

[Id. 7/147ff.; SDS, VII/238–240]
Volmar Schmid, Kleines Walliser Wörterbuch  
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