JugendraumSagen

Brig

Das entführte Kind

Das entführte Kind, eine Sage aus dem Buch "Sagen der Schweiz WALLIS", von Peter Keckeis herausgegeben, erzählt von dem unverständlichen Verschwinden eines Kindes aus Brig.

Den ganzen Nachmittag schon, spielten die Kinder des Ortes Brig in den Weiden ausserhalb der Wohngegend und wie die Dämmerung kam, so machten sie sich auf den Weg nach Hause. Auf dem Dorfplatz, bei welchem sich ihre Wege trennten, bemerkten sie, dass einer ihrer Spielkameraden fehlte, nahmen jedoch an, dass dieser vor Müdigkeit, die alle Kinder nun langsam einholte, eine Abkürzung genommen habe und schon längst zu Hause sei, denn auf das Rufen seines Namens, war keine Reaktion zu vernehmen.

Als seine Geschwister jedoch zuhause ankamen und sich an den gedeckten Tisch setzten und seine Anwesenheit immer noch ausblieb, wollten sie sich bei den Eltern vergewissern, ob jener schon vor dem Abendessen ins Bett gegangen sei. Doch die vor Angst sich weitenden Augen der Mutter, die nun als erste Begriff, dass das Kind sich nicht im Dorf aufhielt, liessen die anderen auch schnell begreifen.

Wo ist er? Geht es ihm gut? Ist er davongelaufen oder gar entführt worden? Fragen, die das gesamte Denken der Mutter beherrschten, sie vor Angst kreidebleich werden liessen und die sich schliesslich setzten musste um nicht wegen eines Schwächeanfalls zu Boden zu fallen. Ähnliche Gedanken quälten auch des Vaters Gemüt, doch glaubte er nicht daran, das sein Kind sich verlaufen haben könnte.

Noch am gleichen Abend begann eine grosse Suchaktion, welche die ganze Ortschaft in Aufruhr versetzte. Drei Tage und drei Nächte lang, wurde nach dem verloren gegangenem Kind ohne Erfolg gesucht. Dann am dritten Tage, als sie ihre Suche, auf das ganze Glieserhorn erweiterten, fanden sie eine Hirtin, die das Kind vor drei Tagen gesehen haben wollte. „In grösster Eile, sodass es fast bei jedem Schritt auf diesem steinreichen Weg über seine Füsse stolperte, ist es den Weg dort entlanggelaufen.“, so der Hirtins Wissen, doch habe sie noch nichts von dem Tumult und der Suche im Tal mitbekommen und sich so nichts dabei gedacht. Hoffnung aus diesen Worten schöpfend, begannen die Bewohner von Brig mit neuem Elan zu Suchen.

Ständig riefen sie den Namen des verloren gegangenen Kindes und als die gerade gewonnene Hoffnung sich wieder verflüchtigen wollte und sie beschlossen, den Heimweg anzutreten, da die Dämmerung bald beginnen würde und sie noch den ganzen Abstieg vor sich hatten, trat aus einer Höhle, das Kind, das der Grund ihrer so verzweifelten Suche war.

Mit Tränen der Freude und der Erleichterung in den Augen, drückte die Mutter ihr wiedergefundenes Kind an sich. Nie mehr, wollte sie solchen Qualen ausgesetzt sein und als sie sich wieder ein bisschen beruhigt hatte, fragte der Vater, dem es sehr merkwürdig schien, dass das Kind nach drei Tagen schon so verwildert und fremd aussah, wie es denn kommen konnte, dass es sich in der ihm so bekannten Gegend, so hätte verlaufen können. Darauf antwortete es, ein wild aussehender Mann, habe es auf dem Weg nach Hause beim unheimlichen Graben fest an der Hand gepackt und es mit sich gezogen, in einer solchen Hast, dass es ihm fast nicht hätte folgen können. Doch habe ihm seine Kraft nur bis hier gereicht, weiter habe er keine Gewalt mehr über es haben mögen.

Nacherzählt von Schnyder Jasmin;

Quelle:
  • Buch  "Sagen der Schweiz WALLIS"
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