Geschinu
[Geschinen VS]
Geschinu
Das Dorf
Der vom lateinischen Wort «cascina» (Käserei) hergeleitete Name Geschinen deutet auf die erste Besiedelung der Gegend hin. Das Dorf wird erstmals 1386 urkundlich erwähnt und die ersten bekannten Dorfstatuten sind aus dem Jahre 1543.Auffallend ist, dass im 17. und 18 Jh. sehr viele junge Geschiner in fremde Kriegsdienste zogen und es dort zu Ehre und Ruhm brachten.
Die Siedlung
Das geschlossene Haufendorf liegt im Zwickel des Talhangs und des grossen Münstiger Schuttkegels. Lawinenzüge haben das Entstehen der dichten Dorfanlage mitbestimmt.
Auffallend sind im Osten der Siedlung die Stadel auf der kleinen Anhöhe des Biels. Obwohl wir im Dorf kein "Heidehüs" finden, gehört es mit seinen stattlichen "Vorschutzhäusern" und Stadeln zu den wertvollen Siedlungen im Goms.
Der Geschiner See
Inmitten der weiten Obergommer Ebene präsentiert sich der Geschiner See. Von Münster kommend erblickt man schon aus der Ferne dieses Gewässer.
Auf dem Gelände eines ehemaligen Militärflugplatzes entstand hier nach 1999 der Geschiner See. Zum Bau eines Lawinenleitdamms wurde hier Schüttmaterial entnommen und so eine alte Idee verwirklicht: der Geschiner See. Dank den kantonalen Stellen konnte der Schutz vor Naturgefahren und die teilweise Renaturierung der alten Sumpffläche vorgenommen werden. Der östliche Teil des Sees dient dem Naturschutz. In einem vom See abgetrennten Biotop können sich verschiedene Sumpfpflanzen und Sumpfbewohner ausbreiten. Der See dient als Nahrungsquelle für Vögel und Insekten.
Der westliche Teil kann von Badegästen genutzt werden. Eine gepflegte Liegewiese, ein Sandbereich, Grillstelle und verschiedene Bänke und Tische laden zu Verweilen ein. Um den gesamten See führt ein bequemer Weg, welcher auch von Kinderwagen befahren werden kann.
9.1 Weger Hüs
Erbaut wurde dieses stattliche Haus 1664. Es zeugt vom Wohlstand und Status der heimgekehrten Söldneroffiziere der Familie Weger. Mit seiner Raumdisposition gehört es zum Typ der Gommer Patrizierhäuser.
Der bekannteste Bewohner war der Hüne Weger Baschi» (1759 - 1832), der wegen seiner Riesengrösse und seiner ungeheuren Kraft in die Walliser Sagen einging.
Lesen und hören Sie die Sagen vom Wegerbaschi in Walliserdeutsch
9.2 Dorfplatz / Schüelhüs
Im Westen des Biels öffnet sich das Dorf zu einer platzartigen Erweiterung, gesäumt von einem wertvollen Baubestand. Im Osten dieses Platzes steht das alte Gemeinde- und Schulhaus mit dem repräsentativen Rundeingang. Bis 1956 wurden die Kinder des Dorfes dort unterrichtet. Im Norden erhebt sich ein imposantes Haus von 1675. Der "Vorschutz" auf Konsolen ist nicht nur auf der Frontseite, sondern auch auf der Traufseite, geschmückt mit Kielbogen und Würfelfries.
9.3 Speicher / Spycher
Auf halber Höhe zum Biel steht ein wertvolles "Spycherli" (kleiner Speicher) mit der Inschrift "C 1 17 ii 28". Es diente als Aufbewahrungsraum für Fleisch, Brot, Korn, unbenutzte Kleider und allerlei Gebrauchsgegenstände.
9.4 Senneriiplatz
Zuoberst im Dorf am Hang stehen die zwei nicht mehr genutzten Gebäude der frühern Selbstversorgung: die Sennerei und das 1928 neu erstellte Backhaus mit Wasch-und Schlachtraum im Erdgeschoss.
Noch bis in die 50er Jahre wurde in der Backstube einmal im Monat das schmackhafte Roggenbrot gebacken. Im Gmeiwäärch (gemeinsame Holzaufbereitung) wurde das «Backholz» gesägt, gespalten und zum Trocknen aufgestapelt. Das Anheizen des Ofens und das Backen erfolgten nach einer traditionellen Reihenfolge. War der Ofen warm genug, ging das Backen Tag und Nacht ohne Unterbrechung durch.
Der Schlachtraum im Erdgeschoss war so gut eingerichtet, dass man dort nicht nur Kleinvieh, sondern auch Rinder und Kühe schlachten konnte. Das Fleisch wurde dann zu Hause eingesalzen und im Spiicher zur Luftrocknung aufgehängt.
Bis 1977 wurde die Milch in der Dorfsennerei verarbeitet und der Vorplatz war Treffpunkt der Dorfbevölkerung, um Neuigkeiten auszutauschen.
9.5 Umgebaute Heuställe
Der grösste Teil der Heuställe des Dorfes werden nicht mehr für die Fütterung und Unterbringung des Viehs genutzt, darum werden viele zu Wohnungen umgebaut. Die ursprünglichen Richtlinien sahen vor, dass man Wohnhauselemente, z.B. Fensteröffnungen, in den Umbau integrierte (umgebauter Heustall oben – Umbau 1999). Später empfahl der Heimatschutz, dass nur die bestehenden Öffnungen wie "Lisch- und Etztüren" voll verglast werden dürften.
9.6 Stadelgruppe «uf ein Biel»
In den "Kunstdenkmälern der Schweiz" (Walter Ruppen -Band 1) wird die Gruppe von Wirtschaftsgebäuden auf der Kuppe des Biels als die vielleicht schönste Gruppe von Nutzbauten des ganzen Goms bezeichnet. Sie zeugen vom bäuerlichen Wohlstand früherer Jahrhunderte. Fast sieht es so aus, als wären diese imposanten Stadel im Gespräch zueinander gekehrt und nur durch Weg und kleine Plätze voneinander getrennt.
9.7 "D's Wiiss Hüs"
Älteres Haus mit gemauertem Hinterhaus. Anton Weger erweiterte es 1871 rechts um eine Achse und ummantelte es mit einer Mauer. Das mit weissem Kalkmörtel verputzte Mauerwerk war ein Kontrast zu den dunklen, sonnenverbrannten Gebäuden am Biel. Es ist verständlich, dass es im Dorf bald nur noch «ds' Wiss Hüss» genannt wurde. Keller und Kammergeschoss gibt es nur im Vorderhaus.
9.8 Kreuzstadel
Seit vielen Jahrhunderten wurde das erste Gebäude beim Dorfeingang und das letzte beim Dorfausgang mit einem Kreuz geschmückt. Da am Lagger Stadel als letztes Gebäude im Osten ein Kreuz hing, kennt man ihn im Dorf nur unter dem Namen Kreuzstadel. Er hat als schönster Stadel im Goms J.R. Rahn 1909 zu einer Zeichnung bewogen.
9.9 Sebastianskapelle
Die heutige Kapelle des heiligen Sebastian wurde 1750 errichtet. Das Sakramentshäuschen aus Giltstein an der linken Chorseite ist ein wiederverwendeter Teil des Vorgängerbaus und stammt aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Die Malereien an den Wänden und an der Decke sind von Johann Georg Pfefferte.
Der Altar wird Peter Lagger aus Reckingen zugeschrieben. Das Hauptgemälde zeigt das Martyrium des hl. Sebastian in figurenreicher Szene und das Oberblatt Maria Hilf nach dem Passauer Gnadenbild.
9.10 Renaissancehaus
Ein prachtvolles «Vorschutzhaus» steht am westlichen Dorfrand. Erbaut wurde es in der 1. Hälfte des 17. Jh. Das Typische an ihm ist die breite Vorderseite. Über dem Erdgeschoss kragt die Fassade mit reicher Verzierung vor: stab- und wappengeschmückte Konsolen, Kielbögen und Rillenfriese.
Es ist das Geburtshaus des Kunstmalers Ludwig Werten.
Quelle:
- Kulturweg Geschinen. Kulturlandschaft Münster-Geschinen. Postfach 41, 3985 Münster-Geschinen; ein PDF-Version finden Sie hier