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Metzgete

[Die Hausschlachtung]

In der Regel kaufte jede Familie im Frühjahr zwei bis drei Ferkel, diese wurden dann mit Küchenabfällen, Kartoffeln und Rüben gemästet; viele von ihnen trieb man im Sommer drei Monate auf die Alpe. Schlachtzeit war der November und der Schlachttag war immer ein  besonderes Ereignis, bei dem alle Familienmitglieder ihren  Einsatz leisten mussten. In der Selbstversorgergesellschaft gab es im Dorf praktisch für jeden Bereich einen Spezialisten, so auch für das Schlachten. Rechtzeitig wurde der "Spezialist" (ein eigentlicher Störmetzger war das nicht; man bezahlte seine Arbeit in der Regel auch nicht, sondern half ihm bei einer anderen Arbeit) benachrichtigt (gewöhnlich taten sich zwei, drei Familien zusammen), die notwendigen Geräte und Werkzeuge (Mulde, Schragen, Zuber, Eimer, Schaber, Messer) bereitgestellt. In die Mulde (Müelta = ein Holztrog von ca. 80cm Breite x 150cm Länge und 60 cm Tiefe) wurde heisses Wasser gegeben. Nun konnte das erste Schwein geholt werden. Vorsichtig trieb man es aus dem Schweinestall, band einen Fuss mit einem Strick fest und brachte es zum Schlachtplatz, eine für das Schwein ausserordentliche Situation. Es war schon jetzt nervös und sein kritisches Grunzen ging recht bald in grelles Gekreisch über. Ursprünglich wurde es mit dem stumpfen Ende einer Axt betäubt. Da das Metzgen eine doch recht drastische Tätigkeit darstellte, gaben viele dem Metzger vor der Arbeit schon einen Schoppen Schnaps. So kam es dann aber auch einige Male vor, dass der Metzger mit der Axt den Kopf des Schweines verfehlte oder ihn nur streifte. Wenn dabei auch noch der Helfer erschrak und den Strick fahren liess oder ihn zu locker hielt, musste die ganze Gesellschaft das geflüchtete Schwein einfangen. Später wurden dann die Schweine mit dem Bolzengewehr betäubt. Dieses trieb dem Schwein einen Bolzen von ca. 10cm ins Hirn und zerstörte dadurch Teile des Gehirns.

Die nächste Aktion musste rasch vor sich gehen. Das Schwein wurde gestochen, d.h. mit einem scharfen Messer wurde die Halsschlagader geöffnet und das hervorquellende Blut unter ständigem Rühren, damit es nicht eindickte, in einem Eimer aufgefangen. Dieses Blut wurde später zu Blutwurst weiter verarbeitet, die dann entweder roh gekocht oder an der Luft getrocknet wurde. Etwas Blut wurde aufbewahrt. Daraus wurden für das folgende Mittagessen Blutküchlein (Blut mit Mehl, Rahm und Butter vermischt, in heissem Fett gebacken und in Zucker und Zimt gewendet) hergestellt.

Nachdem die Sau ausgeblutet war, legte man sie in die Mulde, bestreute sie mit Harz und übergoss sie von Zeit zu Zeit mit heissem Wasser. Nun wurden mit stumpfen Schabern, Suppenkellen etc.  die Borsten entfernt. Sauber geputzt wurde sie nun an den Hinterfüssen an Metzgerhaken, meistens vor einer Stalltür zur Weiterverarbeitung aufgehängt. Ein eindrücklicher Schnitt war die Öffnung des Leibes: Der Metzger setzte der umgekehrt aufgehängten Sau das Messer am hinteren Schritt an und durchschnitt vorsichtig die Bauchhülle, damit er die Innereien nicht verletzte. Diese wurden erstens noch gebraucht und zweitens gab das einen fürchterlichen Gestank, wenn er diese zerschnitt. Langsam quellten die Därme heraus und wurden in einem Zuber aufgefangen. Bis zu diesem Zeitpunkt arbeiteten die Männer und Frauen und grössere Kinder zusammen. Jetzt aber wurden die Arbeiten aufgeteilt. Die Männer gingen nun unter der Anleitung des Metzgers an das Zerteilen der Sau; die Frauen nahmen den Zuber mit den Innereien und gingen zum Brunnen. Dort säuberten sie die Därme. Die Därme wurden entleert (ein Arbeit, die fürchterlich stank), gewendet und dann sorgfältig gewaschen. Aus Dickdarm und Magen bereitete man in den nächsten Tagen verschiedene Gerichte zu. Der Dünndarm wurde zum Teil fürs Wursten auf die Seite gelegt und im Salzwasser aufbewahrt (besser eigneten sich dazu Schafdärme; diese wurden vor 50 Jahren meistens zugekauft).

Das frische Fleisch der zerlegten Sau wurde nun in Zubern und Eimern zur Weiterverarbeitung (Konservierung: Wursten, Einsalzen, Trocknen, Einmachen etc.) in den kühlen Keller gestellt. Jetzt war der Schlachtvorgang beendet und die nächste Sau wurde geholt. Während eines Tages wurden bis zu sechs Säue geschlachtet.

Nach der "Metzgeta" gab es eine Zeit lang ein Schlaraffenleben, und zwar mit Teilen, die man heute wegwirft: Schafsköpfe wurden gekocht, Schafsfüsse wurden gebrüht und auch gekocht, so auch die Kutteln (Eingeweide), die nicht fürs Wursten (luftgetrocknete Hauswürste) gebraucht wurden, dazu wurden rote Randen und Kartoffeln gegessen. Die Leber wurde teilweise getrocknet fürs "Gsottus". Das Blut wurde zu Blutwürsten verarbeitet. Auch diese wurden fürs "Gsottus" getrocknet. Der Rest der Leber wurde frisch gebraten, dazu gab es manchmal Reis. Das Hirn, die Milke und Nieren wurden in Butter gebraten. (Ein Festessen besonderer Art an solchen Schlachttagen war die gesottene "Schwiischnura" (Schweinskopf), die Ohren und der Schweineschwanz, wobei auch schon damals der Verzehr des Hirns und der Augen nicht jedermanns Sache war. Wie sagte doch damals der Volksmund: Von einer Sau kann man wirklich alles verwerten, sie wurde praktisch von Kopf bis Schwanz aufgegessen; die Milz bekamen die Vögel und mit der Blase bastelten wir Buben einen Luftballon; sogar der Name der Sau war zum Austausch gegenseitiger "Zärtlichkeiten" sehr beliebt!

Quellen:
  • Maurus Schmid: Altes Handwerk und Brauchtum im Oberwallis. Rottenverlag. Visp 2000 

Unter "Metzgete" versteht man heute in der Schweiz ein Gericht: die Schlachtplatte. Vor allem im Herbst wird überall in der nördlichen Schweiz zur "Metzgete" gerufen
http://home.balcab.ch/r.l.sperandio/rezept_182.html.

Eine spezielle Form der Metzgete ist das Radrennen von Zürich. Der Name kommt daher, dass es auch hier manchmal zu und her geht wie auf dem Schlachthof (vgl. http://www.zueri-metzgete.ch/site/).

 
Weiterführende Links:

http://www.vordem.de/Kueche-Hausschlachtung.htm
Volmar Schmid, 15. 5. 07
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