Wälschi
[Eringer]
Das Eringer Rind, bei uns auch "Wälschi" bennannt. Diese Kühe kamen aus dem Welschland (franz. Unterwallis) zu uns und wurden darum so benannt.
Eringerherde auf eine Alpe im Wallis
Eringer Zuchtstier
Eringer Kuh mit Glocke
Verbreitung der Eringer Rasse im Wallis
Die spannenden Auseinandersetzungen vermögen immer eine grosse Zuschauermenge anzulocken. Beim Finale in Aproz können es bis 30'000 Personen sein.
Kampf um den Titel einer Alpkönigin
Wälschi
Eringerherde auf eine Alpe im Wallis
Quelle:
- Moritz Schwery: Eringer Rind. In: Traditionelle Nutztiere und Kulturpflanzen im Oberwallis. NGO, Rotten Verlag, Visp, 2001
Ursprung und Geschichte
Das Eringer Vieh ist eine jahrhundertealte, anspruchslose und widerstandsfähige Gebirgsrasse. Die zähen, genügsamen und temperamentvollen Tiere vermögen harten Bedingungen standzuhalten. Trockenes Klima, Kleinbetriebe und ein extensives Weidesystem charakterisieren das Verbreitungsgebiet der Eringer Rasse. Diese Rasse eignet sich in idealer Weise für das Berggebiet.
Obwohl die Eringer schon seit 2000 Jahren im Wallis ansässig sind (Fellay, 1998), liegt ihr Ursprung noch weitgehend im Dunkeln. Sie entwickelten sich aus einer Rindviehpopulation heraus, die sich über den gesamten Alpenraum zwischen Osterreich und Savoyen verteilte. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Eringer aufgrund ihres Blutbildes eindeutig von den anderen Schweizer Rindviehrassen unterscheiden. Hingegen sind sie eng verwandt mit den im Aostatal ansässigen Rassen Castana und Pezzatanera (Di Stasio und Dupont, 1983). Eine gewisse Ähnlichkeit besteht auch mit der Tuxer Rasse aus dem Zillertal.
In den Seitentälern des Mittel- und Unterwallis gehören reine Eringerbestände seit Jahrzehnten zum gewohnten Bild. Im Oberwallis hingegen waren reine Eringerbetriebe sehr selten. Häufiger fand man in Braun- oder Fleckviehbeständen das eine oder andere Eringer Rind. Erst in den letzten Jahren scheint auch im Oberwallis eine Veränderung zu reinen Eringerbetrieben einzutreten.
Rassenstandart
Bis 1860, als im Wallis erstmals offizielle Rassenbezeichnungen mit den dazugehörenden Rassenstandards eingeführt wurden und somit die Basis für eine geordnete und zielgerichtete Selektion und Zucht gelegt wurde, war die Eringer Rasse nicht klar definiert. Der definitive Rassenstandard für die Eringer Tiere stammt aus dem Jahre 1885 und basierte auf dem kantonalen Gesetz über die Tierzucht von 1884. Die Farbe der Tiere wurde darin als uni kastanienbraun, schwarz oder rot mit einer hellen Rückenlinie beschrieben (Fellay, 1998).
Typ
Die Tiere der Eringer Rasse sind mittelrahmig, der Rumpf ist gedrungen und der Kopf kurz, breit und behornt. Der Körper ist im Gegensatz zu den heutigen Milchtypen der anderen Rassen in der Schweiz gut bemuskelt. Die Farbe reicht, wie schon erwähnt, von einfarbig schwarz über kastanienbraun bis backsteinrot. Schleimhäute und Klauen sind schwarz.
Fundament
Die Gliedmassen sind fein und kurz, aber sehr widerstandsfähig. Die Gelenke sind trocken und die Klauen sehr hart. Die Stellung ist im Allgemeinen gut, der Gang lebhaft und ausgreifend.
Standard für Widerristhöhe, Brustumfang und Lebendgewicht der Eringer Rasse (Eringerviehzuchtverband und Fellay, 1998)
Zuchtziel und Zuchtprogramm
Die Eringer verkörpern den Typ der genügsamen, angepassten Rindviehrasse, die auch unter schwierigen Bedingungen im Berggebiet und auf Hochalpenweiden noch zufrieden stellende Leistungen erbringen kann.
Bei der Eringer Rasse wird ein kombiniertes Zuchtziel für Milch und Fleisch vorgegeben. Unter Berücksichtigung der natürlichen Bedingungen (Berggebiet, Sömmerung auf hoch gelegenen Alpen, lange Winterfütterungsperiode) im Hauptverbreitungsgebiet der Rasse wird eine Milchleistung von 3500 kg mit einem Gehalt von 3,9% Fett und 3,5% Eiweiss angestrebt. In Anbetracht der mittleren Körpergrösse sollte der durchschnittliche Tageszuwachs (Gewichtszunahme) bei 1100 g liegen (Fellay, 1998).
In das Zuchtziel mit einbezogen werden auch sekundäre Leistungsmerkmale wie Gesundheit, Widerstandsfähigkeit, Langlebigkeit und ein problemloser Geburtsablauf. Weiter sind robuste und anpassungsfähige Tiere mit einer guten Rauhfutterverwertung erwünscht.
Aufgrund der kleinen Population und der unterschiedlichen Interessen der Züchter ist es sehr schwierig, ein einheitliches Zuchtprogramm zu verwirklichen. Die Eringer Rasse wird im Gegensatz zu den anderen Schweizer Rindviehrassen rein gezüchtet, d. h., Kreuzungen mit anderen Rassen zur Verbesserung einzelner Leistungsmerkmale werden nicht durchgeführt. Den zaghaften Versuchen zur Einkreuzung der norddeutschen Anglerrasse war kein Erfolg beschieden. Diese Versuche haben aber gezeigt, dass die Milchleistung, die heute bei durchschnittlich 3100 kg pro Standardlaktation liegt, mit Einkreuzungen schnell verbessert werden kann. Ein Zuchtprogramm in diese Richtung würde aber durch den raschen Rückgang der reinrassigen Tiere dem primären Ziel, der Erhaltung der Eringer Rasse, entgegenwirken.
Die kleine Population und das damit verbundene Inzuchtrisiko schränken die Selektionsmöglichkeiten ziemlich stark ein. So beträgt der Anteil der künstlichen Besamung bei der Eringer Rasse nur etwa 40%, während dieser Anteil bei den Milchviehrassen in der Schweiz bei über 80% liegt.
VS, 23. 2. 12
Verbreitung und Haltung
Die Eringer Rasse ist fast ausschliesslich im Wallis zu finden. Das traditionelle Verbreitungsgebiet liegt in den Seitentälern des Mittel- und Unterwallis. In den letzten Jahren begannen sich aber auch immer mehr Züchter im Oberwallis für die Eringer Rasse zu interessieren und ermöglichten so die Ausbreitung der Rasse im deutschsprachigen Kantonsteil. Im Aostatal hat sie schon vor langer Zeit unter der Bezeichnung "Castana" Fuss gefasst. Vereinzelte Bestände findet man zudem im Gebiet um Chamonix.
Mit dem Rückgang des Rindviehbestandes im Wallis seit Beginn des 20. Jahrhunderts nahm auch der Bestand an Eringern bis 1983 stark ab. Dafür mögen als Hauptgründe die Verlagerung der Arbeitsplätze in Richtung Industrie, Handel und Tourismus bzw. die schwierigen kleinbetrieblichen Bewirtschaftungsverhältnisse gelten. Zusätzlichen Einfluss hatte sicher auch die allgemeine Umorientierung der Landwirtschaft von der extensiven Weidewirtschaft zu intensiveren Sektoren wie Wein- und Obstbau.
Seit etwa 20 Jahren nimmt der Eringerbestand erfreulicherweise wieder zu und stellt heute knapp 1% des schweizerischen und über 40% des kantonalen Rindviehbestandes dar.
Gemäss der landwirtschaftlichen Betriebsstrukturerhebung (Viehzählung) vom 4. Mai 1999 hielten im Wallis 1882 Rindviehhalter insgesamt 31414 Tiere. Davon gehörten ca. 13 200 der Eringer Rasse an. Der Anteil im Oberwallis betrug dabei 10 659 Tiere, davon 2025 Eringer.
Die Herdenstruktur wird von vielen kleinen Betrieben geprägt. Der durchschnittliche Bestand liegt bei ca. 5 Kühen pro Betrieb (Fellay, 1998). Die Viehzucht stellt für die meisten Tierhalter der Eringer Rasse eine Nebenbeschäftigung dar und nur wenige beziehen ihr Haupteinkommen aus der Landwirtschaft. Solche Strukturen stellen zwar nicht optimale Bedingungen für eine gezielte Zuchtarbeit zur Erhaltung und Verbesserung der Rasse dar, sind aber eine solide Basis für das Weiterbestehen von traditionellen Bewirtschaftungsweisen und der damit verbundenen sozialen und kulturellen Errungenschaften.
VS, 23. 2. 12
Ringkuhkämpfe
Die Tiere der Eringer Rasse besitzen ein ausgeprägt lebhaftes und kämpferisches Temperament, welches sich in übersteigerten Dominanzritualen zu erkennen gibt. Dabei handelt es sich um die natürlichen Rangkämpfe der Kühe beim ersten Weide-gang im Frühling oder bei den Alpauffahrten.
Diese besondere Eigenart bildet die Basis und Voraussetzung für die traditionellen und weitherum bekannten Ringkuhkämpfe der Eringer Rasse im Frühling und im Herbst. Ringkuhkampf und Eringer werden oft in einem Atemzug erwähnt, das eine ist ohne das andere nicht vorstellbar. Die Ringkuhkämpfe tragen viel dazu bei, dass der Bestand der Eringer Rasse auf einein gewissen Niveau gehalten werden kann. Wer dann eine Königin, d. h. eine siegreiche Kuh, bei einem der Ringkuh-kämpfe oder auf einer Alp sein Eigen nennen darf, sieht dies auch als Entschädigung für die das ganze Jahr hindurch in der Landwirtschaft geleistete Arbeit und den beträchtlichen Zeitaufwand.
Die Kampflust der Eringer Kühe stellt einen Teil der genetischen Vielfalt der Rasse dar. Auch wenn wissenschaftliche Arbeiten und Untersuchungen praktisch fehlen, besteht doch kein Zweifel darüber, dass diese Eigenschaft von Generation zu Generation weitervererbt wird und dadurch züchterisch verbessert werden kann, dies allerdings oft auf Kosten anderer wichtiger Eigenschaften wie die Milch- oder Fleischleistung.
In mehreren regionalen Ausscheidungskämpfen im Ober- und Unterwallis qualifizieren sich je die sechs bestplatzierten Kühe in den fünf bis sechs verschiedenen Alters- und Gewichtskategorien für das «Kantonale», das grosse Finale der stärksten Kühe in der bekannten Ringkuhkampfarena in Aproz bei Sitten. Hier wird die kantonale Königin, «La Reine des Reines», erkoren. Einen weiteren Höhepunkt stellt der Ringkuhkampf anlässlich des «Comptoirs» in Martinach dar. Unter der Führung mehrerer Eringerviehzuchtgenossenschaften des Oberwallis wurde 1998 im «Goler» zwischen Visp und Raron eine ideale Ringkuhkampfarena für das Oberwallis geschaffen. Diese Arena wird der jeweils einen Ringkuhkampf organisierenden Genossenschaft zur Verfügung gestellt.